Nachdem diesen Winter krankheitsbedingt nicht allzu viele Touren zusammengekommen sind, bin ich froh, dass sich zum Saisonabschluss doch noch dieses lang angestrebte Tourenziel ausgeht. Wobei die Skitour auf das Steintalhörndl mich konditionell ziemlich an die Grenzen gebracht hat.
Die Hochtäler der Hochkalter-Gruppe bilden besonders im Frühjahr großartige Skitourenziele in relativ einsamer Umgebung. Durch die nordwestseitige Ausrichtung sind Ofental, Steintal und Sittersbachtal meist bis in den Frühsommer hinein noch reichlich mit Schnee gefüllt. Leider erschwert ein langer Waldgürtel den Zugang zu den begehrten Firntrichtern. Dadurch hält sich der Andrang dann doch in Grenzen.
Für die eiligen Leser: Hier findet ihr Karte und Höhenprofil der Tour.
Mit dem Mountainbike durchs Klausbachtal
Los geht es ganz früh am morgen vom Parkplatz Hintersee. Die Ski kommen erst mal an den Rucksack und die ersten Kilometer werden mit dem Mountainbike zurückgelegt, damit der Kreislauf in Schwung kommt. Die Fahrt geht erst flach im Klausbachtal entlang bis zur Lahnwald-Diensthütte, wo nach links der markierte Weg Richtung Ofental und Hochkalter abzweigt. Hier beginnt der Weg anzusteigen. Nach rund 100 Metern zweigt rechts eine nicht bezeichnete Forststraße nach rechts ab, der Weg ins Sitterbachtal. Die Straße führt in noch ganz gut fahrbarer Steigung quer durch den Wald und erreicht bei einem Hochstand einen großen Windwurf. Ich folge dem Forstweg noch weiter, der kurz darauf den an dieser Stelle meist ausgetrockneten Sitterbach quert. Kurz darauf zweigt scharf links der Steig ins Sitterbachtal ab, der aber mit dem Bike nicht mehr gut befahrbar ist.
Von der Sittersbach-Holzstube bis zur Sittersbachstrub
Gut durchgeschwitzt stelle ich erst mal das Mountainbike an einen Baum und genehmige mir einen kurzen Schluck. Danach geht es zur Fuß den ausgewaschenen Steig in Richtung der ehemaligen Sitterbach-Holzstube nach oben.
Kurze Zeit später lichtet sich der Wald und man erreicht den Standort der ehemaligen Sittersbach-Holzstube, von der heute nichts mehr übrig ist. Erste Schneeflecken lassen mich hoffen, dass ich vielleicht nicht mehr allzu weit tragen muss. Der Weg verengt sich nun zu einem schmalen Pfad der vor dem trockenen Bachbett nach rechts steil in einer Schneise durch den Hochwald führt.
Mit Skiern auf dem Rücken ist dieser Abschnitt eine schweißtreibende Angelegenheit. Mühsam geht es hinauf zu einer ersten Steilstufe, die oft recht glitschig sein kann.
Kurze Zeit später folgt eine weitere Steilstufe. Auch hier gilt es bei Nässe etwas aufzupassen, um nicht wegzurutschen.
Danach ist das Gelände nicht mehr ganz so steil. Dafür erschweren nun im letzten Winter umgestürzte Bäume das Weiterkommen.
Dadurch bin ich gezwungen, etwas weiter links der eigentlichen Route einen Weg durch den lichten Hochwald zu suchen. Gleichzeitig werden die Schneeflecken immer häufiger und tiefer. Schließlich erreiche ich einen kleinen Steg über den Sittersbach. Hier, an der sogenannten Sittersbachstrub quert der Forstbegangsteig das Bachbett. Nun ist endlich die Zeit gekommen, die Ski anzulegen.
Routensuche im Sittersbachtal
Im Aufstiegssinne links des Baches geht es nun in einen kleinen Talkessel hinein. Dieser stellt einen wichtigen Routenpunkt dar. Auf der linken Talseite führt der Sommerweg durch Hochwald und Latschendickicht ins Sittersbachtal (mehr dazu im Tourenbericht Sittersbachtal). Im Winter ist es jedoch vorteilhafter auf der rechten Talseite durch lichteren Bewuchs nach oben zu steigen. Deswegen überquere ich hier noch einmal das Bachbett und suche mir eine leidlich gute Spur durch den Staudenbewuchs.
Über die bewachsenen Hänge gewinnt man schnell an Höhe. Bald liegt der Talkessel ein gutes Stück unter mir. Jenseits des Klausbachtales bauen sich über dem Nebel mächtig die Südabstürze der Reiteralm auf.
Nach diesem beeindruckenden Ausblick auf die Nachbarberge heißt es jetzt aber wieder Spurensuche. Spuren anderer Skitourengeher sind kaum zu finden. Also muss ich mir meist selbst den besten Weg durch die Botanik suchen. Nur hin und wieder stößt man auf ausgeprägte Aufstiegsspuren, die sich allerdings bald wieder im Harsch verlieren.
Mit zunehmender Höhe lichtet sich der Bewuchs. Das Aufsteigen wird nun einfacher, da man weniger Hindernissen ausweichen muss. Im offenen Lärchenwald führt die Route nun auf das markante Eislhorn zu, das über der rechten Talseite thront.
Schließlich erreichen mich die ersten Sonnenstrahlen. Ich nutze die Gelegenheit für eine kurze Pause. Dabei genieße ich noch einmal den eindrucksvollen Blick auf die gegenüberliegenden Südabstürze der Reiteralm.
Sonne und Schnee im Sittersbachtal
Ich setze meinen Aufstieg auf der rechten Talseite fort. Die Steilheit der Hänge nimmt nun etwas zu. Auf der linken Talseite rückt nun mehr und mehr die mächtige Flanke des Steintalhörndls ins Blickfeld. Von hier aus kann man bereits die Aufstiegsroute durch die Gipfelflanke erahnen. Sie führt ganz rechts über den leicht gewölbten Schneehang, der mit einzelnen schmalen Schneezungen noch bis in den Talboden hinabreicht.
Das Gelände lehnt sich nun leicht zurück. Schließlich erreiche ich eine Kuppe am Eingang des Eisls, eines Seitenkars im Sittersbachtal.
Diese Sackgasse bleibt jedoch rechts liegen. Die Route führt nun teilweise leicht fallend auf die Mitte des Sittersbachtals zu, das im Hintergrund vom Hinterbergkopf abgeschlossen wird.
Rechts baut sich nun mächtig das Hinterberghorn (nicht zu verwechseln mit dem Hinterbergkopf am Talabschluss) auf. Dieser Berg wird nur sehr selten bestiegen und soll noch ein sehr altes Gipfelbuch aus den 1970er Jahren aufweisen.
Um zum Steintalhörndl zu gelangen muss ich in den Talboden hinab und noch ein letztes Mal des Sittersbach queren.
Ab hier steht mir nur noch die 500 Meter hohe Gipfelflanke des Steintalhörndls im Weg. Nun heißt es: Harscheisen anlegen!
Mit den Ski aufs Steintalhörndl
Ich beginne, am Fuß der Flanke leicht ansteigend zu queren, was mit der Dauer etwas unbequem ist. Sinnvoller wäre es hier, noch dem Talboden weiter zu folgen und erst auf Höhe eines trichterartigen Steilhanges nach links abzubiegen.
Ich suche die Flanke nach einem geeigneten Durchstieg durch den steilen unteren Teil ab und werde links des besagten Trichters fündig.
Über diese ordentlich steile Passage erreicht man nach einigen Spitzkehren eine leichte Verflachung im Hang. Man befindet sich nun schräg oberhalb der trichterartigen Rinne.
Ein Blick nach oben verrät, dass noch einige Spitzkehren auf mich warten. Die Flanke schaut immer noch lang und steil aus. Ganz oben spitzt aber schon der Gipfel hervor.
In langen Querungen, die volle Breite des Hangs ausnutzend, geht es nun stetig empor. Rechts springt der markant gezackte Grat des Steintalhörndls ins Auge.
Mittlerweile habe ich die Mitte der Gipfelflanke erreicht. Die Steilheit nimmt nun wieder zu.
Der Blick auf die umgebende Bergwelt weitet sich immer mehr. Gegenüber bauen sich mächtig die Hocheisspitze und das Hinterberghorn auf.
Im oberen Teil steilt die Flanke noch einmal ordentlich auf. Ich bin froh, dass die Sonne den Schnee schon etwas angefirnt hat. Bei hartem Harsch oder bei Vereisung möchte ich hier ungern unterwegs sein.
Die letzten Meter auf den Gipfel des Steintalhörndls
Die obersten hundert Meter können dann nicht mehr mit den Skiern begangen werden. Hier ist die Flanke bereits größtenteils schneefrei. Ich lasse die Ski zurück und stapfe die letzten Meter über Geröll und Schneereste zu Fuß hinauf.
Wenige Minuten später stehe ich erstmals auf dem Gipfel des Steintalhörndls, erschöpft aber glücklich. Sogar ein kleines Gipfelkreuz hat man diesem abgelegenen Gipfel spendiert.
Das Gipfelbuch von 2007 (mit netter Gams-Illustration auf der ersten Seite) legt Zeugnis davon ab, dass dieser schöne Gipfel nicht gerade überrannt wird.
Ich genieße im Sonnenschein bei Windstille das eindrucksvolle Panorama ringsum. Rechts fallen die Wände tief hinab zum Wimbachgries. Jenseits baut sich mächtig der Watzmann auf. Dahinter schweift der Blick über das Steinerne Meer und die Teufelshörner hinweg bis zum Hochkönig.
Auf der linken Seite zieht mich der markante Gipfel des Ofentalhörndls in seinen Bann. Diesem Gipfel möchte ich auch einmal gerne einen Besuch abstatten, zumindest dem leichter ersteigbaren Vorgipfel.
Nach einer ausgiebigen Gipfelschau, geht es wieder hinunter zu den Skiern. Im nun perfekt aufgefirnten Hang schwinge ich in wenigen Minuten das hinunter, was ich vorher mühsam hinaufgestiegen bin.
Abfahrt und Abstieg vom Steintalhörndl
In folgendem Video könnt ihr die wichtigsten Passagen vom Abstieg und von der Abfahrt nachverfolgen. Unterhalb der Baumgrenze war der Schnee leider bereits so durchweicht (und ich auch bereits so erschöpft), dass an eine flüssige Abfahrt nicht mehr zu denken war. Auf eine Wiedergabe dieser jämmerlichen Fahrversuche habe ich deswegen verzichtet. Das Video sollte auch so wertvolle Informationen für andere Skitourengeher enthalten.
Wie immer freue ich mich über eure Kommentare und Verbesserungsvorschläge zur Tour. Gerne könnt ihr die Tourenbeschreibung bewerten oder Ihr teilt Sie über Facebook, Twitter, Google Plus oder Pinterest (über die Icons unten auf der Seite).
Skitour Steintalhörndl im Überblick
Empfohlene Literatur zur Skitour Steintalhörndl
Berchtesgadener und Chiemgauer Alpen. Mit Kaisergebirge und Steinbergen. 62 Skitouren. (Rother Skitourenführer)
Empfohlenes Kartenmaterial zur Skitour Steintalhörndl
Nationalpark Berchtesgaden, Watzmann: Wegmarkierungen – Topographische Karte 1:25000 (Alpenvereinskarten)
Servus Andi, beeindruckende Tour.
Sicher eine der schönsten Perspektiven vom Wimbachgries.
Würde gerne noch mehr von Deinen Touren lesen.
Servus, Andi, deine Beschreibung ist beeindruckend. Du erwähnst, dass Dich der Aufstieg (fast) an den Rand Deiner Kondition gebracht hat. Darf ich Dich fragen, wie alt Du warst, als Du zu dieser Erkenntnis kamst?
Die Naturfreunde Landshut planen für 20. März diese Tour als Tagestour (150km Anfahrt, 2,5h) mit Senioren im Alter zwischen 65 und 75 Jahren. Ich halte das Vorhaben für sehr überzogen und würde gern wie folgt argumentieren: „Einen jungen, xy-jährigen einheimischen Berchtesgadener hat der Aufstieg im Jahre 20xy nach eigener Aussage nahezu an den Rand seiner Kondition gebracht – und das ohne Hin- und Rückfahrt von jeweils 150km/2,5h.“
Danke und allezeit „Berg heil“!
Helmut