Das Hanauerlaub (in der Alpenvereinskarte „Hanauerlabl“) ist ein grasbewachsener Plateaugipfel im Südwesten des Hagengebirges oberhalb des Obersees. Der Alpenvereinsführer preist den Gipfel als einen „der schönsten Aussichtspunkte im Kranz der Berge rund um den Königssee“. Nicht nur aufgrund des Attributs „selten besucht“ übte dieser Gipfel einen besonderen Reiz auf mich aus.
Für die eiligen Leser: Hier findet ihr Karte und Höhenprofil der Tour.
Jedenfalls stand dieses Tourenziel schon lange auf meiner Liste. Mehrmals habe ich mir bereits die spärlichen Informationen zu dieser Tour aus dem Alpenvereinsführer durchgelesen. Doch bislang hatte sich nie die Gelegenheit für dieses zeitaufwändige Projekt ergeben. Das Problem ist, dass dieser Gipfel relativ abgelegen ist.
Im Prinzip bieten sich zwei Zustiegsvarianten an. Entweder man fährt mit dem Schiff über den Königssee bis Saleth und steigt dann über den Röthsteig zur Wasseralm auf oder man durchquert das Hagengebirge vom Jenner her über den Reitsteig. Die erste Variante hat den Nachteil, dass das erste Schiff erst kurz vor neun in Saleth anlegt. Rechnet man noch den Zustiegsweg hinzu, ist es fast Mittag, bis man mit der eigentlichen Wegsuche beginnen kann. Bei der zweiten Variante legt man zwar die größere Wegstrecke zurück, aber hier ist man immerhin zeitlich unabhängig. Außerdem besteht die Möglichkeit von Hinterbrand aus mit dem Mountainbike bis zur Gotzenalm zu fahren. Das spart beim Hinweg, aber insbesondere auch beim Rückweg Zeit und Kräfte.
Durch das wilde Landtal
Ich entschied mich für diese Option und startete somit Mitte Juni früh morgens (4:30 Uhr) mit dem Mountainbike in Hinterbrand. Gut zwei Stunden später erreichte ich die Gotzenalmen. Um diese Zeit war hier noch nicht viel los, so dass ich in aller Ruhe meinen Weg zur Fuß über den Reitweg fortsetzen konnte. Nach einer guten drei Viertel Stunde erreicht man so den Rand des wildromantischen Landtals.
Der Weg führt oberhalb einer Felswand ins Tal hinab. Im Hintergrund baut sich mächtig der Kahlersberg auf. Weiter unten kann man jenseits des Oberseekessels in die Röth mit dem beeindruckenden Röthbachfall blicken. Dahinter bauen sich eindrucksvoll die Gipfel des Steinernen Meeres auf (Brandhorn, Wildalmkirchl, Graskopf und Funtenseetauern).
Im Talboden angelangt leitet ein Wegweiser weiter Richtung Wasseralm.
Stetig führt der Weg nun bergab. Zunächst an einzeln stehenden Lärchen vorbei und über saftige Almwiesen hinweg, nimmt der Bewuchs nach unten hin weiter zu. Schließlich führt der Pfad durch einen dichten Bergwald. Bei der nächsten markierten Abzweigung halte ich mich gerade aus (rechts würde es über den Landtalsteig hinab zum Obersee gehen). Kurz darauf lichtet sich der Wald und gibt beeindruckende Tiefblicke auf Ober- und Königssee frei.
Auf dem Reitweg zur verfallenen Materialseilbahn in der Röth
Der Reitweg führt nun im steilen Gelände teilweise seilversichert oberhalb des Obersee-Kessels entlang, zunächst ohne großen Höhenunterschied.
Später steigt der Weg wieder deutlich an. Durch raffiniert angelegte Holzleitern und Stufen nutzt der Weg den wenigen Raum aus, den ihm das Gelände lässt. Die Tiefblicke auf den Obersee bleiben weiter spektakulär.
Kurz darauf passiere ich die Überreste einer Materialseilbahn. Das bedeutet, dass ich mittlerweile nur noch gut 20 Gehminuten von der Wasseralm entfernt bin. Ich bin nun in dem Bereich angelangt, wo laut AV-Führer der unbezeichnete Steig zum Hanauerlaub abzweigen müsste.
Nun gehe ich bewusst langsamer und halte konzentriert Ausschau nach möglichen Steigspuren. Immer wieder leiten schwach ausgetretene Pfade vom Weg fort. Die richtige Stelle findet man jedoch in der Nähe eines Hinweisschildes, das auf die Steinschlaggefahr für den unterhalb entlang führenden Röthsteigs hinweist. Das Schild ist allerdings nur in der Gegenrichtung zu sehen, so dass man sich umdrehen muss, um es zu entdecken.
Leider habe ich diese Stelle erst nach der Rückkehr vom Hanauerlaub entdeckt. Beim Hinweg bin ich etwas früher vom markierten Weg abgebogen. Hier die Stelle, an der ich den Weg verlassen habe und spärlichen Trittspuren gefolgt bin.
Spurensuche bei der Unteren Röthalm
Zunächst führt der Weg ohne großen Höhengewinn etwas oberhalb des Reitwegs durch den Wald. Der Pfad ist dabei sogar relativ gut auszumachen.
Die Spuren führen zunächst durch den Wald in Richtung Untere Röthalm. Dabei ist der Weg im Wald noch leichter auszumachen.
Der Pfad steigt nun stärker an und führt über Wiesen und durch lichteren Baumbestand.
Schließlich erreicht man den Standort der verfallenen Unteren Röthalm. Von dem Almgebäude selbst ist fast nichts mehr zu sehen. Ein paar morsche Balken kann man noch unter dem Unkraut entdecken. Der Talboden ist vollständig mit Pestwurz, Sauerampfer und anderen hochwachsenden Pflanzen bedeckt, so dass von einem Pfad hier nichts mehr zu sehen ist.
Beim ersten Mal machte ich den Fehler, weiter in der bisher eingeschlagenen Richtung zu gehen. Vermeintliche Pfadspuren führen einen Hang hinauf zu einem kleinen Sattel mit einer kleinen Hirschlacke. Von hier schlug ich mich dann nach links durch den Wald. Nach einigen Fehlversuchen entdeckte ich schließlich den richtigen Weg. Das kostete allerdings einiges an Zeit und Nerven. Um euch diesen Verhauer zu ersparen, beschreibe ich euch lieber gleich den richtigen Weg.
Die Lichtung der Unteren Röthalm muss man nämlich nach links zum Wald hinüberqueren. Dort angelangt stoßt man auch wieder auf ein paar magere Pfadspuren. Wenn man von hier zurückblickt, kann man ganz gut den Umriss der Unteren Röthalm erahnen. Hinten links sieht man das Tal, dem ich zunächst fälschlicherweise gefolgt bin.
Die letzte Quelle
Ich folge nun weiter den Trittspuren bergauf Richtung Nordosten. Bald darauf stoße ich auf eine kleine Wandstufe. Der Weg ist hier wieder einigermaßen deutlich zu erkennen, auch wenn ein Birkenast quer darüber liegt.
Kurz darauf verlässt man den Wald und gelangt auf einen dicht bewachsenen Steilhang. Der Pfad ist hier praktisch gar nicht mehr auszumachen. Ich halte mich an die Beschreibung aus dem Alpenvereinführer und quere den Hang von rechts unten nach links oben. Ziel ist ein Schrofenhang auf der anderen Seite des Steilhangs. Die wenigen Steindauben in diesem Bereich sind fast alle verfallen. Ich habe mir erlaubt, ein paar wieder herzurichten. Ob sie den nächsten Winter auf diesem Lawinenhang überstehen, ist allerdings fraglich.
Ungefähr in der Hangmitte quert man einen kleinen Bachlauf. Hier sollten insbesondere diejenigen noch mal ihre Wasservorräte auffüllen, die dann noch weiter ins Hagengebirge vorstoßen wollen, denn es ist die letzte Quelle auf dem Weg zum Gipfel.
In den kleinen wassergefüllten Mulden im Fels kann man im übrigen Köcherfliegenlarven beobachten, die sich mit einem besonders farbenfrohen Köcher aus bunten Steinchen umgeben haben.
Eisenstifte aus alter Zeit
Nach kurzer Rast setze ich meine Weg über den Steilhang fort. Auf der anderen Seite ist nun gut der Schrofenhang zu erkennen. Ziel ist ein Durchschlupf bei einer allein stehenden Lärche ziemlich genau in der Bildmitte. Diese Stelle ist besonders wichtig, denn nur hier ist der Weiterweg zum Hanauerlaub möglich.
Aus der Nähe betrachtet ist das Gelände steiler, als es anfangs gewirkt hat. Aber mit ein-, zweimal hinpacken ist diese Stelle überwunden und man hat den lichten Baumbestand darüber erreicht.
Hier findet man auch wieder so etwas wie einen Pfad vor. Vereinzelte alte Eisenstife zeigen an, dass ich hier richtig bin. Und auch, dass hier früher mal mehr Menschen diesen Pfad genutzt haben.
Der Pfad leitet nun ziemlich höhengleich durch steiles Gelände in das Kar der Schreck hinüber.
Von hier aus genießt man wieder großartige Tiefblicke auf den Obersee, nur eben eine Etage höher als am Reitweg.
„Die Schreck“
Nach dieser doch etwas schmalen Passage wird das Gelände wieder breiter. Man erreicht ein kleines Nebenkar der Schreck. Der Weg steigt nun in dem Kar bergan.
Einzelne Steindauben und Eisenklammern erleichtern die Orientierung.
Kurz vor seinem oberen Ende verlässt man das Nebenkar der Schreck nach links über einen felsdurchsetzten Steilhang.
Hier helfen die Eisenklammern nicht nur bei der Orientierung, sondern auch beim Weiterkommen.
Schließlich erreiche ich das Kar der Schreck. Bäume und Gräser weichen nun immer mehr Schutt und Felsen.
Die Route führt nun zunächst links hinüber und steigt dann im Geröll an. Später wird der Weg wieder erdiger und führt durch steile Wiesen bergan. Unter mir kann ich das Waldgebiet der Röth mit der Wasseralm darin erkennen.
Jenseits der Röth baut sich mächtig der Funtenseetauern mit seinen Nebengipfeln auf.
Entlang von kompakten Wasserrillen-Platten steigt der Pfad kontinuierlich das Kar hoch. Der lockere Schutt erschwert etwas das Vorankommen.
Die Schreck bietet mit ihrem lichten Lärchenbestand immer noch ein sehr urtümliches Bild.
Immer entlang der Plattenwände, die vom Hanauerlaub herunterziehen, geht es weiter aufwärts. Spärliche Steigspuren und vereinzelte Dauben zeigen den Weg.
Jenseits der Schreck kann man das Wildalmriedl erkennen. Ein weiteres einsames Gipfelziel im Hagengebirge, das sicher auch einmal einen Besuch Wert ist.
Der Gipfel des Hanauerlaub
Mittlerweile habe ich das obere Ende der Schreck erreicht. Die Pfadspuren biegen nun nach Norden ab und leiten über saftige Wiesen zum Gipfel des Hanauerlaubs hinauf.
Langsam lehnt sich das Gelände zurück und der Gipfel des Hanauerlaubs kommt in Sicht, markiert durch einen einfachen Holzstecken.
Das Hanauerlaub ist eigentlich weniger ein Gipfel als eine große, wilde Almfläche. Sicher nutzen auch viele Gämsen und Steinböcke die verlockenden Grasflächen zur Nahrungsaufnahme. Leider sind heute keine zu sehen.
Mein Blick schweift über die Wiesen nach Norden zum Lablkopf, in dessen Nähe eine weitere Anstiegsmöglichkeit zum Hanauerlaub ist, die ich auch mal irgendwann auskundschaften muss. Dahinter baut sich der Hochsäul auf, dem ich mittlerweile auch schon einen Besuch abgestattet habe. Mehr dazu im Tourenbericht Hochsäul über Eisenpfad.
Der Blick hinab auf Obersee und Königssee ist beeindruckend. Leider kann ich ihn nicht lange genießen. Über dem Watzmann türmen sich bereits dunkle Wolken auf, die Regen verheißen. Zeit, sich wieder an den Abstieg zu machen.
Fazit: Großartige Tour in einsamer Umgebung. Die Wegfindung ist zwar alles andere als einfach. Aber dafür belohnt einen der Gipfel mit wunderbaren Eindrücken aus einer unberührt wirkenden Landschaft.
Wie immer freue ich mich über eure Kommentare und Verbesserungsvorschläge zur Tour. Gerne könnt ihr die Tourenbeschreibung bewerten oder ihr teilt sie über Facebook, Twitter, Google Plus oder Pinterest (über die Icons unten auf der Seite).
Tour „Hanauerlaub“ im Überblick
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Empfohlene Literatur zur Tour „Hanauerlaub“
Alpenvereinsführer Berchtesgadener Alpen
Empfohlenes Kartenmaterial zur Tour „Hanauerlaub“
AV-Karte: Hochkönig – Hagengebirge
Hallo Herr Neumann,
habe Ihre Tour durch die Schreck zum Hanauerlaub mit großem Interesse angesehen.Da ich in der Vorbereitung bin im September eine 2 Tagestour von der Wasseralm durch den Eisgraben
auf den Wildpalfen,dann weiter den Grenzbereich (vorbei an den Kragenköpfe,Kahlersberg ostseitig bis zur Schlumscharte) zu unternehmen,wäre es schön,wenn Sie mir mitteilen könnten,ob es von der Schreck einen Weg auf den Grenzverlauf (Deutschland/Österreich) gibt.Im Jahr 2018 war ich bereits auf dem Hochsäul via Eisenpfad,konnte aber aus zeitlichen Gründen nicht den weiteren Verlauf bis zum Kahlersbergnieder ausfindig machen,um von dort weiter zur Schlumscharte zu gelangen.Zwar liegt dieses Teilstück nicht auf meiner geplanten Tour,doch falls ich aus zeitlichen,- durst,oder weiteren Gründen die Tour vorher
abbrechen muß,könnte deine Info für mich wertvoll sein.
Ich möchte mich für deine Bemühungen schon jetzt bedanken!
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Niemand
E-Mail:ulrich.niemand@osnanet.de
Telefon:01711900521
Hallo Andreas,
danke für Deine tolle Wegbeschreibung in Text & Bild!!!
Ich möchte dieses Jahr endlich der verlockenden Beschreibung im Alpenvereinsführer nachkommen.
Durch Deinen Bericht kann ich mir bestimmt viele Verhauer ersparen.
Ich wünsche Dir noch viele interessante Touren!
Schönen Gruß aus Swisttal
Endy